Marvin Voigt ist erst 17, aber hat schon Geschichte in unserem Verein geschrieben. Er durfte nämlich bei dem Hermut-Weber-Cup zweimal innerhalb von vier Jahren auftreten. Der talentierte Spieler von 2012 wurde vom talentierten Schiedsrichter von 2016 abgelöst, der sogar das bayerische Finale pfeifen durfte. Wie sich diese Umwandlung ereignete, haben wir auf unseren Mai-Kaffee erfahren. Viel Spaß beim Lesen!
Hallo Marvin, wie war der diesjährige Hermut-Weber-Cup?
Mich hat vor allem die Qualität der Mannschaften beim HWC 2016 beeindruckt. Was viele U13 Spieler dort für Spiele absolvierten, das war fantastisch. So gut war ich mit 12 Jahren lange nicht…
Und wie war „dein“ HWC als Spieler?
Wir kannten uns alle im Team noch nicht so gut, aber am Ende des Turniers war man zu einer richtigen Einheit zusammengewachsen. Es war unseres Coaches Patrick Deitel Verdienst: Er hat den Teamgeist immer in den Vordergrund gestellt und uns auch nach einem schlechten Spiel gut zum nächsten Schritt motiviert.
Wie und wann hast du den Basketball für dich entdeckt?
Man könnte sagen, das Interesse an dieser Sportart wurde mir in die Wiege gelegt, da meine Eltern beide Basketballer sind. Es ist sicher kein Zufall, dass ich mich dann für das orange Leder entschieden habe. Zunächst beim TSV Spandau, dann beim DBV Charlottenburg, zu dem ich auf Empfehlung von engen Freunden gewechselt bin.
Die nächste Entscheidung kam im Herbst 2013: Schiedsrichter!
Ich wollte den Basketball aus einer anderen Perspektive kennenlernen und mein Gesamtwissen erweitern. Das hätte mir auch helfen können, besser die Entscheidung der Schiedsrichter nachzuvollziehen und mich zu verbessern – dachte ich mir. Die Entscheidung hat sich ausgezahlt: Nach einem guten ersten Jahr habe ich die DBB-Lizenz ins Visier genommen, die zum Auftritt in der Jugendoberliga berechtigt. Im Gegensatz zum Basislizenz-Lehrgang war dieser schon etwas herausfordernder und schwerer zu meistern, aber ich wollte es unbedingt schaffen und habe es am Ende ohne Probleme hinbekommen. Als nächstes würde ich gerne in den Oberligapool kommen und damit in der Herren-Oberliga pfeifen. Da geht es einfach noch mehr zur Sache!
Was macht mehr Spaß: Spielen oder Pfeifen?
Man kann es nicht vergleichen: Beides hat schöne Seiten, aber Spielen macht schon etwas mehr Spaß. Beim Pfeifen gefällt mir der Druck, den man in jedem Spiel spürt.
Was ist das Schwierigste in einem Jugendspiel?
Das Schwierigste ist es, den Spielfluss beizubehalten. Man will nicht zu viel pfeifen, damit der Spielfluss nicht beeinträchtigt wird, aber auch nicht zu wenig, wodurch dann das Spiel sehr hart werden kann. Der beste Schiedsrichter ist schlussendlich derjenige, der unbemerkt bleibt.
Welche Funktion übernimmt der Schiedsrichter in einem Jugendspiel?
Ich sehe mich dort in der Funktion des Erziehers. Man muss den jungen Spielern immer wieder erklären, was sie falsch gemacht haben, damit sie irgendwann denselben Fehler nicht mehr begehen.
Wie sprichst Du die Spieler an?
Ich duze alle Spieler. Man will als Schiedsrichter nicht das Gefühl vermitteln, das man höher gestellt ist als ein Spieler.
Wie ist der Umgang mit Trainern und Eltern?
Es kann in beiden Fällen kompliziert werden (lacht). Manche Trainer beschweren sich bei fast jeden Pfiff, obwohl sie die Situation – weil es teilweise so weit weg war – gar nicht erkennen konnten. Die Eltern wollen hingegen vor allem nicht, dass ihrem Kind ein Foul angehängt wird. Natürlich gibt es auch viele Trainer und Eltern, die nicht so sind und die Spiele ganz entspannt angehen.
Was ist die lustigste Beleidigung, die du dir anhören musstest?
Richtig beleidigt wurde ich ehrlich gesagt noch nie. Ich wurde nur einmal gefragt, ob ich Tomaten auf den Augen hätte.
Pfeifen ist ein Zwei-Mann-Sport. Wie findet man den Einklang mit dem Kollegen?
Das ist ein Prozess, der schon in der Kabine anfängt. Man redet über seinen Stil und versucht, sich mit dem Kollegen auf eine Linie zu einigen. Blickkontakt während des Spiels und kurze Gespräche in den Auszeiten werden auch genutzt, um zu besprechen, was man vielleicht anders und besser machen kann.
Pfeifen Männer anders als Frauen?
Männer lassen grundsätzlich mehr durchgehen als Frauen. Ich habe das Gefühl, manche Frauen pfeifen immer noch zu kleinlich.
Haben Schiedsrichter Vorbilder?
Ein richtiges Vorbild habe ich nicht. Dennoch gibt es durchaus Schiedsrichter, die mir sehr gut gefallen und von denen man etwas lernen kann, einer wie Robert Lottermoser, zum Beispiel. Er ist ein Weltklasse-Schiedsrichter und er strahlt so eine Ruhe auf dem Feld aus, dass man weiß, er hat das Spiel völlig unter Kontrolle. Diese Eigenschaft würde ich gern bei mir ausprägen.
Wie trainiert ein Schiedsrichter?
Zum einen trainiert ein Schiedsrichter durch ständiges Pfeifen von Spielen. Man lernt von Spiel zu Spiel mehr und erfährt andere Situationen und lernt somit dazu. Zum anderen durch Fortbildungen und Schiedsrichter-Coachings. Vom 24.-26. Juni besuche ich eine Fortbildung und erfahre Schiedsrichter-Coachings beim Landesauswahlturnier.
Welche ist deine Lieblingsregel?
Das technische Foul (lacht, ndA)
Welche Regel ist deiner Meinung nach überflüssig?
Der Abpfiff!
Die unbeliebte Schlusssirene ertönt auch an diesem Nachmittag.
Vielen Dank für das nette Gespräch!