Der Berliner Bennet Hundt, 19 Jahre, ist Aufbauspieler bei Alba Berlin. In der aktuellen Spielzeit schaffte er den Durchbruch im Profikader. Ein Mittelfußknochenbruch im Januar zwang ihn zu einer ungewollten Pause. Wir nutzten die trainingsarme Zeit und sprachen mit Bennet über seine Bilderbuch-Karriere, das Leben als Rookie in einer Profi-Mannschaft und den Hermut-Weber-Cup (Interview vom 12.04.2018).
. Bennet, erste Frage: wie geht’s Deinem Fuß?
Gut soweit, deutlich besser auf jeden Fall. Die Ärzte haben gesagt, die Röntgenbilder sehen gut aus, ich darf nun Woche für Woche die Belastung steigern.
. Wie sieht Dein Trainingsprogramm zurzeit aus?
Ich befinde mich im Aufbautraining und kann hoffentlich auch bald wieder ins Teamtraining einsteigen, sodass auch dem Spielen dann nichts mehr entgegensteht. Zurzeit bedeutet das: viel Individualtraining, z.T. auch mit dem Ball – Dribbeln, Passen, Werfen – aber noch mit geringer Intensität. Ich bin viel im Kraftraum, um die Kraft in den Beinen und die Balance im Fuß aufzubauen.
. Wann wirst Du wieder eingreifen können?
Kommt drauf an, wie der Fuß reagiert. Ich hoffe, in drei bis vier Wochen. Das ist bei Mittelfußknochenbrüchen aber eher eine Schätzung.
. Wie gehst Du mit Verletzungen generell um?
Es ist schwer für mich, gerade weil ich immer viel Glück hatte. Ich war bisher nie schwer verletzt, hatte mich in der Zeit vor der Verletzung fit und wohl gefühlt. Gerade zu diesem Zeitpunkt passiert es dann. Du denkst dann schon ‚Warum gerade jetzt, warum gerade ich?‘ Da steckt man schon mal den Kopf in den Sand, wenn der Arzt dir sagt, dass du acht Wochen auf Krücken laufen sollst. Aber als Leistungssportler musst du leider immer damit rechnen. Meine Eltern, meine Familie hat mich in der Phase unterstützt, mich aufgebaut. Ich habe das Beste daraus gemacht: Die viele Physiotherapie lenkt ab, die restliche Freizeit habe ich auch mal andere Dinge machen können, um den Kopf frei zu bekommen.
. Du bist seit dieser Saison fester Bestandteil des ALBA-Profikaders, hast den zwischenzeitlichen Ausfall von Peyton Siva und Spencer Butterfield nutzen können und spieltest zuletzt (vor der Verletzung) regelmäßig für das Team. Wie ist das so als Spielmacher auf internationaler Bühne?
Das ist natürlich eine super Erfahrung. Klar war ich aufgeregt, aber am Ende ist es auch nur ein Spiel, das ich aber natürlich sehr genossen habe (benennt als Beispiel das Spiel im Eurocup in Krasnodar). Am meisten hat mir dabei die Saisonvorbereitung geholfen, in denen wir junge Spieler, also beispielsweise auch Kresimir (Nikic) und Hendrik (Drescher), viel Einsatzzeit bekommen haben. Das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Eben genau für die Situation, dass ich mal gebraucht werde.
. Von außen betrachtet ging es für Dich immer weiter nach oben. Im Jugendbereich bei TuS Lichterfelde, JBBL, dann der Wechsel zu Alba Berlin, NBBL, Pro B, nun Bundesliga und Eurocup. Wie hast Du diesen Weg erlebt?
Es ging immer bergauf, das kann man schon sagen. Die Tiefs gab es natürlich auch, wie bei jedem. Ich habe mir immer kurzfristige Ziele gesetzt, mich gefragt: ‚Wie kann ich mich heute verbessern? Wie in den nächsten Monaten?‘ und mich dann durch kontinuierliche Arbeit verbessert. Einen großen Anteil des Erfolges schiebe ich auf meine Arbeitseinstellung. Ich glaube, es gibt viele talentiertere Spieler als mich, die aber weniger hart arbeiten. Ich musste mich schon auch ‚durchkämpfen‘. Von außen betrachtet habe ich nun mal nicht die besten Voraussetzungen für einen guten Basketballer.
. Welchen Anteil hat Coach Aito an Deiner derzeitigen Entwicklung? Er gilt ja als Experte in Sachen Spielerentwicklung…
Einen großen Anteil! Er hat uns jungen Spielern von Beginn an viel Vertrauen geschenkt, ist sehr geduldig. Es geht ihm in erster Linie darum, jeden Spieler zu verbessern. In der Saisonvorbereitung ging es ihm nie um das Gewinnen. Wir haben viele Spiele verloren, weil er die Teamentwicklung vorn angestellt hat. Auch jetzt, während der Saison, versuchen wir Schritt für Schritt besser zu werden.
. In der Tat hat es den Anschein, dass ihr mit fortschreitender Saison immer stabiler werdet. Was steckt hinter dem Erfolgsrezept?
Er (Aito) hat seine eigene Philosophie. Er gibt uns ein Gerüst, wenige Spielsysteme, und wir sollen diese dann mit unseren individuellen Fähigkeiten und Ideen füllen. Er weiß extrem viel und versteht es, Spieler zu motivieren. Außerdem bringt seine geballte Basketball-Erfahrung in jedes Training und jedes Spiel ein. Das ist schon beeindruckend.
. Konkret? Wie zum Beispiel?
Er hat eine sehr ruhige Art. Es gab Spiele, da habe ich mich an ehemalige Trainer erinnert, die wären bei der Halbzeitansprache ausgerastet, hätten rumgebrüllt. Aito ist dort extrem ruhig geblieben, hat klar benannt, was wir zu verbessern haben, uns durchaus auch kritisiert, aber letztlich eher motiviert, es die zweite Hälfte anders zu machen. Das habe ich so von noch keinem anderen Trainer erfahren. Ein weiteres Beispiel – das Pokal-Viertelfinale gegen Ludwigsburg: Wir spielten eine solide erste Halbzeit, bis sich kurz vor der Pause Peyton (Siva) verletzte. In der Kabine sagte uns Aito, dass es in der zweiten Halbzeit ein komplett anderes Spiel werden wird. Er meinte, ohne unseren Anführer hätten wir nun keinen Druck mehr, gewinnen zu müssen. Wir sollten uns nicht auf den Score konzentrieren, sondern alles an Energie und Leidenschaft aufs Feld werfen, wofür wir bereit seien. Das hat uns extrem motiviert. Auch wenn ich da schon verletzt war, so habe ich doch gespürt, wie ein Ruck durch die Mannschaft geht. Im dritten Viertel sind wir direkt mit 10, 15 Punkten in Führung gegangen, das Spiel haben wir gewonnen.
. Und welchen Einfluss hat Ex-DBV-Trainer und derzeitiger Alba-Co-Trainer Thomas Päch?
Das Trainerteam Aito, Thomas und Israel (Gonzalez) arbeitet sehr gut zusammen. Sie machen gemeinsames Scouting vor den Spielen, schauen viel Video. Thomas und Israel trainieren mit uns viel im technischen Bereich individuell: Wir arbeiten viel am Ballhandling, sie zeigen uns neue Moves, neue Passtechniken. Damit hat Thomas einen sehr großen Anteil an der Entwicklung des Teams.
. Mit Jonas Mattisseck (2000) und Hendrik Drescher (2000) stehen noch weitere Akteure im Kader, die Du aus Zeiten im Berliner Jugendbasketball noch kennst. Wie ist das so als „Erfahrener“ unter den Jungen im Team?
Wir sind alle Rookies – da kommt es nicht darauf an, ob du 17, 18 oder 19 bist. Wir werden dementsprechend alle gleich behandelt.
. Trikottasche tragen, Wasser schleppen… Gibt es auch im Profi-Team typischen Rookie-Aufgaben?
Ja, auf jeden Fall. Bei Auswärtsfahrten muss ich immer die Eis-Box tragen. Wenn wir zu den Spielen fliegen, dann ist die Box immer Handgepäck. Das ist ein riesiges, sperriges Ding! Man hat ja noch seinen Rucksack, dann die Eis-Box in der Hand. Bei der Security-Kontrolle musst du denen dann ganz genau erklären, was das da drin ist. Dann gucken sie dich komisch an. Im Flugzeug angekommen, passt die Box dann nicht in die Gepäckablage. Das ist dann schon etwas nervig.
. Wir machen mal einen gedanklichen Sprung in die Vergangenheit: Ein Turnier, das Deinen Karriereweg gekreuzt hat (damals noch als Spieler bei TuS Lichterfelde), war der Hermut-Weber-Cup. Welche Erinnerungen hast Du an das Pfingstturnier im Jahr 2011?
Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern. Es war ein interessantes Turnier, weil es uns einen Ausblick auf die folgende Saison gegeben hat. Wir haben damals in der Schillerstraße im Finale gegen Alba gespielt und gewonnen. Gefühlt war es sehr voll in der Halle und die Stimmung war extrem gut. Das hat enorm Spaß gemacht. Gekrönt wurde das Turnier für uns sicherlich mit dem 1. Platz und meiner Auszeichnung als bester Verteidiger.
. Wo steht Dein „Best Defensive Player“-Pokal?
Der steht nach wie vor in meinem Zimmer. (Bennet dreht sich vom Handy weg, schaut sich im Zimmer um. Dann entdeckt er den Pokal.) Er steht neben dem Sieger-Pokal „1. Platz. 4. Hermut-Weber-Cup 2011“. Den durfte ich auch behalten.
. Dieses Jahr stehen mit die besten 2005er der Republik zum 11. Hermut-Weber-Cup auf dem Feld.
Wow, schon 2005er? Die Zeit vergeht… Sie sollen die Zeit genießen, Spaß haben. Es ist ein gutes Turnier um zu zeigen, was man kann, sich mit den besten Gleichaltrigen aus Berlin und ganz Deutschland zu messen. Solche Turniere hat man nicht alle Tage, bei denen man gegen Bayern München, Brose Bamberg und Rasta Vechta spielen kann. Also nochmal: ‚Jungs, zeigt, was ihr drauf` habt!‘
. Apropos „Drauf` haben“. Du bist mit knapp 1,80 m für Basketballverhältnisse ein kleiner Spieler. Welche Eigenschaften haben Dir geholfen, Dich bis oben durchzukämpfen?
Mein Ehrgeiz und meine Einstellung, mich immer durchsetzen zu wollen, haben mir am meisten geholfen. Hinzu kommt die Liebe zum Sport. Ich habe früh begonnen mit Basketball, habe immer Spaß dabei gehabt und mich immer gefreut, wenn ich in der Halle stehen durfte.
. Viele jüngere Spieler mit ähnlicher Körpergröße fragen sich, ob ein bestimmter Move ihnen vielleicht weiterhelfen würde, um ähnliche Ziele wie Deine zu erreichen. Wie sieht der „Bennet-Hundt-Signature-Move“ aus?
Ich glaube, es gibt nicht EINEN Move. Ich habe inzwischen relativ viele Bewegungen, die ich gelernt habe, in verschiedenen Spielsituationen sinnvoll einzusetzen. Ich habe von klein auf viel ausprobiert, viel gedribbelt und damit ein gutes Ballhandling und Ballgefühl generell entwickelt. Das hilft dann dabei, die Abläufe später perfektionieren zu können. Noch habe ich keinen persönlichen Move, aber den „Bennet-Hundt-Move“ wird es bald geben…
. Zumindest hast du bereits Eindruck beim DBV hinterlassen. In einigen Jugendmannschaften haben wir die „Hundt-Defense“ bereits als Schlagwort etabliert.
Sehr gut, das freut mich. (lacht)
. Lass uns an Deinen weiteren Planungen teilhaben. Wie wird es weitergehen mit Bennet? Welche Schlagzeile würdest Du am liebsten in fünf Jahren über Dich lesen?
(Bennet überlegt) So was wie ‚Bennet Hundt führt Alba Berlin zum Meistertitel‘ oder so ähnlich wäre doch schon eine schöne Schlagzeile.
. Das klingt doch schon sehr nach einem Loyalitätsbekenntnis…
Ich bin momentan bei Alba, habe noch ein Jahr Vertrag. Mir geht es extrem gut hier, ich fühle mich wohl.
. Bennet, viel Erfolg auf Deinem weiteren Weg und vielen Dank für das Gespräch.
Titelfoto: Camera4